Wer stand nicht schon mal zu Sonnenaufgang vor einer herrlichen Kulisse wo einfach alles zusammenkam. Das Licht, Die Landschaft, es passte einfach alles, man musste nur auf ein paar Dinge bei der Bildkomposition achten und hatte ein traumhaftes Bild. Von dem körperlichen mal abgesehen, sind solche Motive, beziehungsweise Bilder leicht zu bekommen. Mutter Natur übernimmt hier die meiste Arbeit und präsentiert uns ein perfektes Schauspiel, das nicht viel an Kopfarbeit erfordert. Nicht, dass ich solche Momente jetzt schlecht reden möchte, ich kann selber davon nie genug bekommen. Oder vielleicht doch?
Sommerpause
In diesem Sommer machte ich eine Pause von der Fotografie, zumindest was die Arbeit mit der Kamera anging, was die Büroarbeit anging, gab es ausreichend zu tun. Ganze 67 Tage war ich nicht wirklich unterwegs um Fotografie zu betreiben. Nur einmal unternahmen wir einen Ausflug zu den Lohnbachfällen, aber die Motivation war nicht sehr hoch und dementsprechend auch die Ausbeute. Im Hochsommer ist der Wasserstand niedrig und sehr viel nackter Fels war zu sehen. Zu viel leere Fläche. Dieser Sommer war besonders heiß und das oft viele Tage am Stück ohne wirklich einmal abzukühlen und wer mich kennt weiß, ich bin kein Freund der Hitze. Ich denke aus diesem Grund habe ich mich für diese Sommerpause entschieden. Früher wäre dies nie denkbar gewesen, dass ich die Kamera mal länger als für 2 Wochen beiseite lege aber ich schätze, dass ist der Tribut an das Älter werden.
Sonnenaufgänge sind bereits um 5:00 Uhr morgens und Sonnenuntergänge gehen bis spät in die Nacht hinein. Bis man hier wieder zuhause ist, ist es bereits Zeit ins Bett zu gehen um am nächsten Tag wieder fit für die Arbeit zu sein. Da ist der Herbst oder das Frühjahr entgegenkommender.
Der eingeschränkte Blickwinkel
Nimmt man die Kamera für so eine lange Zeit nicht in die Hand, kann es passieren, dass sich unser, vielleicht schon etwas eingeschränkter Blickwinkel, öffnet und unser Geist wieder offen ist für neue oder auch alte, längst vergessene Motive. Mann schaut wieder genauer hin, möchte hinter das offensichtliche blicken und sich mehr Zeit für ein Bild nehmen. Das Weitwinkel im Fotorucksack zu lassen und sich mit einem Teleobjektiv auf die Suche nach intimen und tiefen Einblicken in einer Landschaft zu machen. Weg von der klassischen Landschaftsfotografie und hin zu mehr Details und Abstrakten.
Der “alte“ Mann und das Maisfeld
Entlang meiner neuen Laufstrecke kam ich in den letzten Wochen an mehreren Maisfeldern vorbei und mir gefielen vor allem die, wo das Grüne dem Braunen und Verdorrten bereits wich. Mir gefielen die erdigen Farben der Blätter und der Maiskolben, die im Abendlicht herrlich gelb leuchteten, oder wie sie bei uns genannt werden “Kukuruzzapfen“. Ein jedes Mal dachte ich mir, morgen komme ich mit der Kamera. Tja, es dauerte eine Weile, bis ich dies in die Tat umsetzte. Es erforderte aber auch an diesen Abend etwas an Überwindung. Meine Freundin brachte den entscheidenden Schups um mich nach draußen zu befördern.
Ich wusste gegen Abend war das Licht perfekt. Die Sonne viel in einen flachen Winkel in das Maisfeld und brachte so ein angenehm sanftes Licht. Ich hatte grob einige Ideen im Kopf und ich lief entlang des Maisfeldes ab und auf um interessante Bildausschnitte zu finden. Interessante Linien, Muster und Texturen. Denn darum ging es hauptsächlich bei diesem Maisfeld, um Linien und Mustern. Die zarten Linien der Blätter, die gelben Maiskörner und natürlich die herrlich erdigen Farben, die Gefühle an Herbst und Erntedankfest aufkommen ließen. Kaum zu glauben, dass an diesen Tag Temperaturen von an die 30 Grad herrschten während ich dabei stark an den Herbst erinnert wurde.
Das schwindende Licht
Da ich etwas brauchte um nach einen heissen anstrengenden Arbeitstag die notwendige Motivation zu finden, hatte ich leider nicht mehr viel Zeit, das schöne Abendlicht zu geniessen. Ich fürchtete, dass, wenn die Sonne hinter den Hügeln verschwinden wird, mir meine Motive abhanden kommen würden. Aber während ich über diesen Gedanken herum sinnierte, kam die Hoffnung auf, dass das Maisfeld auch ohne direktes Sonnenlicht für ein paar interessante Motive gut sein könnte. Ich konzentrierte mich stärker auf grafische Elemente, montierte einen Zwischenring vor dem 70-200er Objektiv um engere Bildausschnitte zu bekommen.
Alles mit dem Teleobjektiv
Ich versuchte mich auch an anderen Motiven, wie die herrlichen Gräser am Strassenrand im Gegenlicht. Hierfür montierte ich kurzzeitig auch das Weitwinkel 16-35er. Aber das funktionierte nicht wirklich. Zuviel unruhiger Hintergrund störte das Seherlebnis. Um trotzdem interessante Bilder zu bekommen, nahm ich die Kamera vom Stativ und legte sie quasi auf den Boden und fotografierte geradewegs durch das Gras in den Himmel. Die Ergebnisse waren naja, geradeso akzeptabel.
Sehr schnell wechselte ich wieder auf das Teleobjektiv. Der engere Bildausschnitt passte einfach besser für diese Motive und wie ich sie aufnehmen wollte. Bei einer Brennweite von 200 mm wirkt das Bild kompakter, der Bilderrahmen wird schön ausgefüllt und wirkt für mich stimmiger. Der Hintergrund wird ebenfalls bei offener Blende von 2.8 – 5,6 unscharf, was den Hintergrund ruhiger wirken lässt und keine Ablenkung bildet.
Es machte einfach Spaß
Mal nicht nach der großen Landschaft in perfekten Licht zu jagen, war eine herrliche Abwechslung. Sich wieder mit ganz normalen und offensichtlich langweiligen Motiven zu beschäftigen und sie interessant in Szene zu setzen, machte Spaß. Die Fotografie machte Spaß und das ist es, was die Fotografie ausmacht und einem davor bewahrt, auszubrennen.
Hinter das offensichtliche zu blicken und die wahre Schönheit zu enthüllen ist schwieriger und anstrengender als eine Gebirgskette in traumhaften Licht zu Sonnenaufgang zu fotografieren.