Ich verfolge diese Diskussion nun schon seit über einen halben Jahr – tötet KI die Fotografie? Ich habe mir viele Diskussionen auf Podcasts und YouTube angesehen, und wo sich eigentlich alle einig waren, war, dass die Leidenschaft durch die KI nicht ersetzt werden kann.
Bevor ich hier mit meinen Ausführungen fortfahre, muss eines klar gestellt werden. Wenn wir von Fotografie sprechen, müssen wir definieren, wovon wir hier sprechen. Werbe-, Architektur- und Auftragsfotografie werden sicher von der KI stark beeinflusst werden, da das Endresultat wenig mit Emotionen zu tun hat, sondern viel mehr mit strategischen Entscheidungen. Nicht der Weg ist hier das Ziel, sondern das reine Endprodukt, egal wie es entstanden ist. Mir als Privatkunde ist egal, wie mein Elektriker den Fehler findet, ob mit Hilfe von KI oder eigenem Können, Hauptsache der Kühlschrank funktioniert wieder. Lese ich ein Buch, ist es mir durchaus wichtig, dass dieses Buch der Autor geschrieben hat und nicht eine KI. Hänge ich mir Kunst an die Wand, möchte ich eine Geschichte, einen Hintergrund dazu. Ich möchte, dass ein Künstler dieses Werk kreierte. Auf dem kreativen Sektor geht es für mich nicht nur um das Endprodukt, der ganze Prozess ist hier von Bedeutung.
Bei allen, wo der Weg das Ziel ist, wird die KI keine Chance haben, auf die Kreativität und deren Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Das Endprodukt, in unseren Fall ein Bild von einem Gebirge mit einem Bergsee im Vordergrund, ist hier nur eine Zugabe, ein Geschenk oder Belohnung für unsere Mühen und Einsatz unserer Kreativität.
Warum klettern wir auf die höchsten Berggipfel, laufen Marathons oder erkunden unbekannte Winkel auf dieser Welt? Weil solche Dinge mit Leidenschaft zu tun haben, mit Herausforderungen und dem Gefühl am Leben zu sein und es sinnvoll zu verbringen. Wir wollen die Dinge mit eigenen Augen sehen und mit allen Sinnen in uns aufnehmen. Wir wollen da sein, die Luft durch unsere Lungen pressen und den Moment mit dem Finger am Auslöser einfangen. Keine KI kann uns dieses Erlebnis bieten.
Für mich ist nicht nur das Bild alleine wichtig und interessant. Natürlich gefällt mir ein gut gestaltetes Bild mit einer hervorragenden Bildkomposition das ich mir an die Wand hängen kann. Eine spektakuläre Wolkenstimmung mit einem Licht zum niederknien. Wer will das nicht von uns Naturfotografen? Aber, so sehr ich das Endresultat, das Bild, liebe, umso mehr liebe ich mit der Kamera loszuziehen, morgens um 4:00 Uhr aus dem Bett zu klettern und einen Berg hinauf zu wandern um einen Sonnenaufgang zu fotografieren. Klar, mit der KI könnte ich mir so ein Bild im warmen Bett zusammen basteln das wahrscheinlich besser aussieht als das, was ich imstande bin zu fotografieren. Vielleicht habe ich keine großartige Wolkenstimmung oder die Sonne versteckt sich hinter einer Wolke und mir fehlt das Licht auf der Landschaft. Mit der KI alles kein Problem. Einen Prompt geschrieben was man will und Boom, einen spektakulären Sonnenaufgang in den Bergen mit Bergsee, Gegenlicht und perfekt platzierten Wolken.
Hört sich ja alles ganz toll an, aber es fehlt etwas, und zwar das warum ich das Alles eigentlich mache. Mir fehlt dabei das Erlebnis, die Befriedigung und das Gefühl. Manchmal ist die Kamera für mich nur eine Ausrede um nach draussen zu gehen oder auf einen Berg zu marschieren. Ich liebe die Jagd, das Suchen nach Motiven und das Gefühl der Zufriedenheit, wenn man nach all dem Aufwand sein Bild in der Tasche hat. Das hantieren mit der Kamera, sie auf das Stativ zu montieren, die Einstellungen vorzunehmen und zu entscheiden ob ich einen Filter verwende oder nicht. Diese Freude, wenn alles zusammentrifft und man das Bild bekommt. Das Reisen, das unterwegs sein um neue Plätze zu erkunden. Dieses Gefühl kann mir keine KI geben, sie kann mich höchstens dessen berauben wenn ich es zulasse. Solange für mich der Weg spannender ist als das Ziel, werde ich keine KI benötigen um meine Bilder für mich zu kreieren.
Solange man aus Leidenschaft fotografiert, wird einem die KI nicht gefährlich. Himmel austauschen oder Objekte und Tiere hinein retuschieren, so was ist nicht neu, Fotografen tun dies schon seit vielen Jahren, die KI macht es nur einfacher und schneller. Für Werbefirmen wird es einfacher, sie benötigen kein großes Budget mehr um einen neuen BMW in einer fantastischen Landschaft zu präsentieren. Oft sind heutzutage nicht einmal mehr die Fahrzeuge echt, sondern nur noch animiert. Mit der KI kann ich ein gesamtes Werbeprojekt abschließen ohne das ich Fahrzeug und Fotograf irgendwo hinkarren muss. Hier bekommen Werbefotografen sowie Werbetexter sicher Probleme in der Zukunft. Aber, ich glaube, dass dies nur ein Übergangsproblem sein wird denn, worauf greift die KI zurück? Genau, auf Bilder. Und woher kommen die Bilder? Genau, von Fotografen. Was, wenn keine neuen Bilder mehr entstehen? Was, wenn keine neuen Texte oder Informationen mehr geschrieben werden? Irgendwer muss wieder Input für die KI produzieren.
Wie sehr sich die KI in den Alltag integrieren wird und auch in das Arbeitsleben, kann momentan keiner voraussagen.
Ich bin mir auch sicher, dass die KI eines Tages nur aus Pixeln sich eigene Bilder zusammenstopseln kann, ohne auf echte Bilder zurück greifen zu müssen. Spätestens da ist der klassische Fotograf dann überflüssig. Aber solange die Menschen von Leidenschaft angetrieben werden, solange wird es die Fotografie geben, wird es Kameras geben. Aus dem selben Grund funktioniert YouTube so gut, hier erzählen echte Menschen aus dem normalen Leben ihre Geschichte. Man fiebert mit, man sitzt mit ihnen am Lagerfeuer, fotografiert einen Sonnenaufgang gemeinsam. Authentische Geschichten bevorzuge ich jeden Kinofilm.
Bei meinem letzten Fotoworkshop im Gesäuse, kam dieses Thema auch bei meinen Teilnehmern auf. Da wo für uns Natur und Landschaftsfotografen die KI ins Leben treten wird, wird bei der Technik sein. Ich bin mir sicher, dass in Zukunft Kameras mit KI ausgestattet sein werden um die Belichtung selber einzustellen, selbstständig HDR Bilder in der Kamera zu erzeugen oder vielleicht sogar die Belichtung eines jeden einzelnen Pixels einstellen zu können. Keine Ahnung wie, aber ich bin überzeugt, dass die KI in die Kameratechnik Einzug halten wird. Wird sie die Art wie wir Bilder kreieren beeinflussen? Bestimmt, aber nicht auf den kreativen Teil. Wie die Kamera ein Motiv einfängt und speichert, wie sie die Belichtung misst, ist mir eigentlich egal. Die Kamera steht nur zwischen mir und meinem Motiv, die Entscheidung was und wie ich es fotografiere, liegt weiterhin in meiner Hand.
Also ich habe keine Angst, dass meine Fotografie unter KI leidet oder verschwindet. Solange Menschen Geschichten hören, sehen und erleben wollen, habe ich keinen Grund mir Sorgen zu machen. Diese Angst herrschte auch als Farbfotos auf dem Markt kamen, als die ersten Vollautomatischen Kameras verkauft wurden und als digital in die Fotografie Einzug hielt. Jedesmal hieß es, es wird die Fotografie töten. Aber sie lebt immer noch, mehr denn je!