Dieser Artikel kann als eine Art Teil 2 von meinem Artikel – Schlechte Zeiten für Naturfotografie? Einfach mal eine Pause einlegen! – angesehen werden.
In den letzten Monaten habe ich viel über dieses – bleib ein Amateur – nachgedacht. Auslöser war mein wiedergefundenes Interesse an Art Wolfe im Sommer 2023. Wer ihn nicht kennt, sollte mal seine Webseite besuchen. Natur-, Reise- und Kultur sind seine Themen und er bereist die Welt seit über 40 Jahren. Seine Energie und Motivation faszinierte mich schon immer, fast mehr als seine Bilder selbst. Sein Gespür für gute Buchideen, seine Hingabe und Hartnäckigkeit beim umsetzen von Projekten ist außergewöhnlich.
Als ich damals mit der Fotografie anfing, wollte ich es ihm gleichtun, aber ich merkte bald, dass mir hier die richtigen Zutaten fehlten um mit gleichem Antrieb in die Sache zu starten. Ich bereiste in meinem Leben schon viele Länder und Orte aber ich schaffte es nie daraus Kapital oder ein Geschäft daraus zu machen. Mein Gespür für das Geschäft ist nicht gerade sehr ausgeprägt und dies sollte man schon haben, will man mit der Naturfotografie Geld verdienen beziehungsweise davon leben wollen. Ich habe viele Fotografen “studiert“, sah mir ihre Webseiten an und versuchte herauszufinden, wie sie davon leben konnten. Bei einigen ist es mir bis heute noch ein Rätsel.
Art Wolfe war, was das Business angeht, immer der Gradmesser für mich, nicht nur was das Geschäftliche anging. Ja, er wurde in einer Zeit bekannt, wo man noch für das bloße Foto richtig gut bezahlt bekam. Dieser Umstand, glaube ich, ist sehr wichtig, will man auf seine Art und Weise im Geschäft bleiben.
Ich nahm mir mehrere Fotografen als Vorbild, wollte es genau so oder ähnlich betreiben, ich experimentierte mit verschiedenen Fotostilen und Bereiche, ich unternahm auch kurz einen Ausflug in die Tierfotografie nur um zu sehen, dass das so ganz und gar nicht meins ist. Das Problem bei der Sache, all diese Fotografen, die besonders erfolgreich sind wie eben Art Wolfe, Frans Lanting, Thomas Mangelsen oder David DuChemin, besitzen eine rastlose Seele. Sie werden immer wieder neu angetrieben, es gibt keine Pause. Diese Eigenschaft habe ich definitiv nicht. Ich liebe es, die Dinge ruhig anzugehen, nichts zu überstürzen und auch mal eine Pause einzulegen.
Was mir immer schon schwer fiel war und ist, zu akzeptieren oder zu begreifen, dass es viele Möglichkeiten gibt seine Fotografie zu betreiben und auch Geld damit zu verdienen. Man kann sich nicht einen Fotografen herauspicken und versuchen es ihm gleich zu tun. Art Wolfe verdient sein Geld komplett anders als Thomas Heaton. Adam Gibbs hat eine andere Herangehensweise beim fotografieren als wie Ben Horne. Es gibt Fotografen, die sind ständig unterwegs und Andere, die alle paar Wochen oder wie eben Ben Horne, alle paar Monate auf Fototour gehen. Natürlich würde ich am liebsten jede Woche auf eine Fototour gehen wenn es das Wetter erlaubt, aber unglücklicherweise, habe ich nur an den Wochenenden Zeit dafür und in genau diesen zwei Tagen sollte das Wetter, die Location und meine Motivation passen. Was oft schwierig ist. Wie oft war ich an einem Wochenende voll motiviert unterwegs und das Wetter spielte so gar nicht mit. Oder, das Wetter war ein Traum aber meine Motivation wollte damit nichts zu tun haben.
Das Gefühl sich zu wiederholen
Seit nun schon 5 Jahren lade ich Videos auf YouTube hoch, das heisst, fast jedes Wochenende, wenn ich Zeit dafür hatte, war ich unterwegs um Content zu produzieren. Nicht nur Bilder sondern vor allem Videomaterial. Ich war öfters wegen dem Video unterwegs als wegen der Fotografie. Zum einen nicht schlecht, da es einem etwas antreibt und motiviert nach Motiven zu suchen die man vielleicht nie fotografiert hätte, aber des öfteren entstanden eher mittelmäßige Fotos nur um ein Video zu bekommen. Ich betrieb YouTube wie ein Profi, regelmäßige Uploads, Equipment und so weiter. Aber für was? Mache ich Geld mit YouTube? Ja! Ist es genug um davon Leben zu können? Nein! Das können nur die Wenigsten. Gehört es zu einem wichtigen Einkommensstrom für mein Fotogeschäft? Ja! Aber um ehrlich zu sein, ist das, was ich mit YouTube im Jahr verdiene ein oder zweimal gut Essen zu gehen mit meiner Freundin. Also, steht hier der Aufwand von Zeit in irgendeiner Relation zu dem was ich davon rausbekomme? Nicht wirklich, aber es bescherte mir ein größeres Publikum, ich konnte mir, dank YouTube, eine kleine aber feine Community aufbauen die ich sehr schätze und ich nicht mehr missen möchte.
Aber ich mache YouTube nicht nur wegen des Geldes wegen, ich liebe Geschichten in Videoform zu erzählen. Ein Video gut zu schneiden und eine gute Musik darunter zu legen, das macht mir Spaß. Leider bekam es in der letzten Zeit einen fahlen Beigeschmack. Ich hatte das Gefühl mich ständig zu wiederholen, immer dasselbe zu fotografieren und dasselbe in einem Video zu erzählen. Dies ist natürlich stärker ausgeprägt, wenn man jedes oder fast jedes Wochenende loszieht um zu fotografieren und ein Video zu machen. David Duchemin erzählte in einem Podcast, er wolle gar nicht jede Woche mit der Kamera losziehen, manchmal setzt er sich einfach nur an seinen Schreibtisch und möchte für 3 Stunden nur schreiben.
Mach eine Pause!
Man sollte meinen, dass es mich frustriert, solange nicht fotografiert zu haben, dass ich schon verzweifle keine Zeit zu finden für mein Hobby/ Geschäft. Das ist aber nicht der Fall. Ich merkte, dass ich eine kleine Auszeit brauchte und die Weihnachtszeit war einfach perfekt dafür um auch etwas Weihnachtruhe einkehren zu lassen. In dieser Zeit, wo ich nicht mit der Kamera unterwegs war, erledigte ich dafür andere Dinge. Ich renovierte endlich das letzte Zimmer, faulenzte auf der Couch und entdeckte ein altes Hobby neu – Sim Racing. Ich denke, dass einem ein Hobby, dass man exklusiv betreibt, bald frustriert oder langweilt, es zu einseitig wird. Nicht, dass einem das Hobby nicht mehr interessiert, aber gerade im kreativen Bereich ist man irgendwann mal erschöpft, der Tank an Kreativität leer. Es gibt hier nun mehrere Möglichkeiten darauf zu reagieren. Nummer eins, man hört damit auf, komplett und macht etwas anderes. Nummer zwei, man macht eine kreative Pause und wartet, bis von alleine die Inspiration und Motivation zurückkehren. Nummer drei, man besorgt sich ein anderes Hobby um einen Ausgleich zu schaffen. Nichts aufregendes oder aufwändiges, irgendetwas um das Gehirn auf andere Gedanken zu bringen und geistig etwas Abstand zu gewinnen. In meinem Fall ist das Sim Racing. So komisch es sich vielleicht anhören mag, aber ich denke man braucht einen Ausgleich vom Hobby, speziell von einem so intensiven Hobby wie ich es betreibe. Deswegen habe ich etwas begonnen, das ich bereits in der Vergangenheit betrieben habe und ich wirklich genoss. Tja, das war der Großteil meiner Zeit im November, Dezember und Jänner, Zimmer renovieren, Faulenzen und Sim Racing und keine Naturfotografie. Es waren natürlich gewisse geschäftliche Dinge zu erledigen aber das hielt sich in Grenzen.
Bleib ein Amateur!
So, ich glaub, ich hab ein wenig den Faden verloren. Warum sollte man noch gleich ein Amateur bleiben? Ach ja, um sich selber treu zu bleiben und sich nicht zu etwas hinbiegen, der man nicht ist. Ich bin kein Art Wolfe, ich habe nicht die Einstellung oder den Willen dazu. Ich hätte vielleicht das Zeug dafür, die Eigenschaften die dazu notwendig wären, aber so schön sich das Leben von Art Wolfe auch anhört, muss man sich unweigerlich die Frage stellen, wäre es auch das Richtige für mich? Ich hätte wahrscheinlich das, was man dazu bräuchte, aber so wie ich lebe, wie ich immer schon mein Leben eingerichtet habe, steht im völligen Gegensatz zu solchen Ausnahmefotografen. Ich lebe sehr gerne für mich, pflege einen sehr kleinen Freundeskreis und meine Aktivitäten sind überschaubar. Das was ich mache, tue ich mit Hingabe auf meine Art und Weise. Oft nicht förderlich um damit Geld zu verdienen, aber ich ziehe daraus sehr viel Kraft und Befriedigung. Würde ich so eine rastlose Karriere anstreben, wäre ich sehr bald ausgebrannt. Ich bevorzuge eben eine etwas ruhigere Herangehensweise. Ich fragte und frage mich auch jetzt noch ab und zu, wieviel fotografieren die Profis? Art Wolfe, Michael Shainblum, David DuChemin? Wie oft gehen sie raus um zu fotografieren? Jede Woche, einmal im Monat, jeden Tag?! Ich brauchte immer einen Vergleich um zu wissen, ob ich es richtig mache. Fotografiere ich zu wenig? Nutze ich das Wetter nicht richtig aus? Bin ich zu faul? Ich unternahm, was meine Vorlieben für Motive und die Art und Weise wie ich mein Fotobusiness betreibe, schon viele Richtungswechsel, jedesmal ausgelöst durch einen anderen Fotografen den ich entdeckte. Ich ließ mich zu sehr beeinflussen anstatt meinen eigenen Weg zu finden und zu gehen.
Aus diesem Grund wurde es deshalb etwas ruhig bei mir was die Fotografie anging. Ich wollte einmal alles abschalten und mir eine kleine Pause gönnen. Ich dachte über mein Geschäft nach wie es weitergehen soll, welche Projekte anstehen und wie ich mein Business verbessern kann. Ich hatte Zeit dafür weil ich nicht beschäftigt war, mir Ideen für Videos und Locations einfallen zu lassen. Manchmal ist es besser und befreiender, wie ein Amateur zu handeln, sein Hobby als Liebhaberei zu betreiben ohne sich zu viel Druck zu machen.
Ich verlinke hier zwei Videos und einen Kommentar von Fotografen, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatten wie ich. Das Problem sich zu wiederholen, das Interesse verloren zu haben oder einfach das Gefühl zu haben, eine Pause zu brauchen.
Felix Wesch – Naturfotografie: Der Wurm ist drin | Q&A | Fotografieren interessiert mich nicht | Frohe Weihnachten
Thomas Schwerdt – Das (vorerst) letzte Video: Pilz-Perspektiven │Fotografieren üben ► Teil 3 ◄
Nick Page – https://www.youtube.com/@NickPage/community