Die ersten Tage waren schwierig, oder sollte ich sagen kompliziert. Es kam schon in den Tagen davor keine wahre Reiselust auf, das Einzige an was ich denken konnte, war meine Couch auf der ich das Wochenende lieber verbracht hätte als das ich in diesen Flieger steige.
Stimmte es also, hatte ich recht und meine Befürchtungen der letzten Monate sollten sich nun bewahrheiten? Ist der kleine Abenteurer in mir verkümmert oder schlimmer, gestorben? Früher war ich vor solchen Reisen aufgeregt, nervös, nervös deswegen auch ob mein Gepäck ankommt und ob ich nicht zu schwer bin mit meiner Fotoausrüstung. Als Fotograf zu reisen ist ein graus. Ich beneide ständig die leicht Reisenden. Aber diesmal war es anders, ich hatte absolut keine Lust, ich war zu faul das ganze Brimborium am Flughafen mitzumachen, einzuchecken, mit dem Gepäck herumzuhantieren und zu allen Übel, auch das Gepäck jetzt selbst einchecken zu müssen. Ihr seht, ich hab schon lange keine Flugreisen mehr getätigt, ziemlich genau 5 Jahre. Ich war draußen, ausgezählt und schaute dem ganzen Spiel nur mehr von der Ersatzbank aus zu. Aber jetzt hieß es plötzlich wieder mitzuspielen. Aber wie ging das schnell nochmal?
Ich erspare euch das Ganze vom Flug und der Übernahme des Campers, oh der Camper, was für ein schöner Camper – okay, bin schon wieder zurück. Ich fuhr also, nach den ersten Einkäufen im Supermarkt, zu meinem ersten Nachtlager. Ein Stellplatz an einem See mitten im Nirgendwo. 3 Stunden Autofahrt mussten für diesen Tag genügen der schon um 3:00 Uhr morgens begann. Ich bereitete den Camper für die Nacht vor, machte mir Abendessen und packte dann endlich die Kamera aus. Etwas tat sich, Ruhe breitete sich aus in mir, ich war noch nicht ganz der Alte aber das Gefühl schien wieder zurückzukommen. Dieser Platz war eigentlich nur für die Nacht gedacht und nicht zu fotografieren. Ich sollte erst am nächsten Tag zu meiner ersten geplanten Fotolocation fahren.
Der See war, was die Fotografie anging, nichts besonderes. Ich hoffte auf einen schönen Sonnenuntergang aber dieser verlief recht unspektakulär und deswegen konzentrierte ich mich auf die schönen Gräser am Uferrand. Ich versuchte sie abstrakt als ein Gewirr aus Linien darzustellen, was mir nicht so recht gelingen wollte. Irgendwo war immer ein Grashalm, der mir die Balance und den Gesamteindruck zerstörte. Gegen Sonnenuntergang hin war ein ganz leichter rosa Farbton am Himmel erkennbar und es entstanden noch ein zwei weitere Aufnahmen vom ganzen See. Trotz der eher geringen, aber dennoch guten Ausbeute, war es ein herrlicher Abend. Die Ruhe und Stille an diesem See war ein guter Einstieg in mein erstes großes Abentuer seit 5 Jahren.
Värnsberget – Eine Verborgene Perle der Hohen Küste
Värnsberget war mein erster geplanter Fotospot, er ist ein malerischer Berg an der Hoga Kusten Schwedens und bietet atemberaubende 360 Grad Aussichten über das UNESCO-Welterbe. Als Schwesterberg des bekannten Skuleberget erstreckt sich Värnsberget als Halbinsel zum Bottnischen Meerbusen. Will man nicht den gesamten Rundweg wandern, der über 10 km lang ist und zu spektakulären Aussichtspunkten, die von den Inseln Mjältön und Ulvön bis hin zum Skuleskogen Nationalpark reichen, kann man nur bis zu den Aussichtpunkt bei einem Schelter marschieren. Für Naturfotografen ein echtes Highlight.
Aber bevor ich dort ankam, musste ich gezwungener Maßen einen Stopp einlegen. Genau auf einer Brücke der E4 war das Licht fantastisch. Die Sonne, nur als kleiner gelber Ball zu erkennen, bahnte sich mühselig ihren Weg durch den Nebel. Die Bäume im Vordergrund zeichente ich als Silhouetten ab was die Spannnung des Bildes erhöhte und die Dramatik unterstrich. Dramatik auch deshalb, weil ich auf einen zirka 1,5 Meter breiten Streifen, auf einer Brücke der E4 stand. Ich war fest überzeugt, dass mich bald jemand anhupen würde oder sogar stehenbleiben würde und mich fragen, ob ich sie noch alle habe. Ich hätte es wohl nicht verstanden, weil dieser dann vermutlich schwedisch geflucht hätte, aber so in die Richtung hätte ich das kommen sehen.
Der Nebel hielt sich hartnäckig an diesen Vormittag und ich hoffte diesen auch in Värnsberget anzutreffen. Ich hatte Glück, auf der ersten Hälfte begleitete mich der Nebel und bescherte mir einige interessante Lichtstimmungen. Aber was mich hier am meisten anzog, waren all die kleinen Details der Natur. Nahaufnhamen von Tau benetzten Spinnennetze, Blaubeeren oder die Moose und Flechten. Sie erstrahlten alle in einer herrlichen Farbe des Herbstes. Ich konzentrierte mich vielleicht etwas zu lange auf solche Motive denn der Nebel verzog sich und das Licht wurde eher unbrauchbar als ich dann endlich an dem Aussichtspunkt ankam. Die Bilder die dort entstanden, sind eher als Erinnerungsfotos gedacht, denn die Aussicht war einfach überwältigend.
Der Wind frischte auf und nach einigen Bildern machte ich mich wieder auf den Weg zurück zu meinem Camper (Ach, der Camper) ….. bin wieder da.
Die Fahrt nach Jokkmokk
Danach ging es auf die etwas längere Fahrt zu meinem nächsten Platz für die Nacht in Jokkmokk, ein Parkplatz wieder direkt an einem See. Nicht so idyllisch und ruhig wie der Erste aber ebenfalls mit einer herrlichen Aussicht. Auf der Fahrt durchquerte ich herrliche Dörfer und bekam aus den Augenwinkeln heraus einen kleinen Einblick in das Leben so hoch im Norden. Sie besitzen keine großartigen Gärten, aber alle durchwegs sehr gepflegt. Halbzerlegte Autos in der Einfahrt, weitere Autos an der Hauswand geparkt, ich nehme an als Ersatzteilspender und bei einigen Häusern stand sogar ein großer Radlader im Garten. Vermutlich um die die Schneemassen im Winter zu bekämpfen.
Der Himmel wurde zunehmend interessanter und mein Gemütszustand proportional dazu immer unruhiger. So herrliches Licht und ich keinen Plan wo ich was fotografieren sollte. Zu meinem Glück fand ich kurz vor Sonnenuntergang einen kleinen See bei Moskoselet der anscheinend vom Abmoälven Fluss gespeist wird. Genaues kann man bei diesen verzweigten Flüssen und Seen nie sagen.
Ich konnte es noch gerade so schaffen, einige Bilder von diesem herrlichen Licht über dem See einzufangen.
Nach dem Sonnenuntergang waren noch 1,5 Stunden Autofahrt zu bewältigen bis ich endlich bei meinem Platz für die Nacht ankam. Es waren schon einige Camper vor Ort und ich reihte mich in diese Gilde ein.