In unserer Kindheit hatten wir alle unsere Helden, und haben sie vielleicht noch heute. Aber die, die uns vielleicht wirklich beeinflussten oder am einprägsamsten waren, sind die aus unserer Kindheit.
Terence Hill und Bud Spencer, Knight Rider, Das A-Team, Ein Colt für alle Fälle oder in meinem Fall, Macgyver. Als Kind liebte ich diese Serie. Damals noch begeistert von seinen Tricks, änderte sich dies im Laufe der Jahre. Je älter ich wurde, desto mehr war ich angetan von seinen Abenteuern. Er bereiste die Welt, kam von einem Abenteuer nach Hause nur um sich gleich wieder in das Nächste zu stürzen. Die Szenen, wo er ganz erledigt und müde, mit seiner alten braunen Reisetasche in seine Wohnung kam, sich auf seine Couch schmiss und ein paar Gedanken von seinen Erlebnissen den Zusehern mitteilte, waren pure Poesie für mich. Poesie in Wort und Bild.
Er war ein Einzelgänger, fast immer alleine unterwegs in der ganzen Welt. Mir gefiel diese Lebensart, seine positive Einstellung zum Leben, diese – es gibt immer einen Ausweg – Mentalität, von dem ich ehrlich gesagt etwas zu wenig habe.
Je älter ich wurde desto mehr zog es mich hinaus, nicht sofort, aber die Saat wurde gelegt.
Wollte ich Spion werden, mich in Lebensgefahr begeben? Um Himmelswillen Nein, das mit Sicherheit nicht, ich wollte wieder lebendig von meinen Reisen nachhause kommen und erschöpft auf meiner Couch landen. Aber ich wollte dieses Lebensgefühl, das Abenteuer. Mag sich jetzt komisch anhören, aber ich will von einer Reise nicht ausgeruht nachhause kommen. Ich möchte erschöpft und müde zurückkommen. Ich möchte das Gefühl, etwas erlebt, ein Abenteuer bestritten zu haben. Wann ist man ausgeruht? Genau! Wenn man nichts tut und schläft. Ich habe immer Angst, das Leben läuft an mir vorbei und ich verpasse etwas.
Ich wollte reisen, Dinge sehen und erleben. Aber wie? Aus welchen Grund? Ich war immer schon ein wenig eigen und ich sah mich nie als normalen Touristen. Durch Einkaufsmeilen zu bummeln, mich von einem Restaurant zum anderen hangeln oder Sehenswürdigkeiten anzusehen. Den Tag am Strand zu verbringen und dabei zuzusehen, wie die Haut immer brauner wird und Gott bewahre, sich vielleicht sogar einer Reisegruppe anzuschließen. Das klingt für mich alles furchtbar. Für mich musste es einen Sinn haben, eine Bedeutung. Einfach nur Urlaub machen war mir zu langweilig. Es war also die Nachfrage von einem Sinn vorhanden. Die Fotografie war damals noch kein Thema, ab und zu mal ein Foto mit einer Kompaktkamera, aber an richtige, ernsthafte Fotografie habe ich noch nicht gedacht.
Nur kurz. Ich geniesse es durchaus auf meinen Reisen, mal einen Tag Pause einzulegen um mich wieder etwas zu erholen, eine kreative Pause zu machen nur um dann wieder raus zu marschieren, in einem Zelt oder Auto zu schlafen und versuchen, schöne Bilder zu bekommen.
Die Realität
Es dauerte Jahre und Macgyver versank in der harten Realität des Alltags. Berufswahl, Geld verdienen, Bundesheer und die Suche nach neuer Arbeit. Dies alles lag auf meinem Weg. Ich war gefangen in einer Welt, wie ich dachte, dass sie mir gefiel. Ich unternahm viel in meinem Leben. Leichtathletik, Kunstturnen, Klavier, Schlagzeug in einer Kapelle, Tennis und zu guter letzt musste ich auch noch den Motorsport ausprobieren. Alles unbewusste Versuche einen Weg durch ein chaotisches Leben zu finden. Einen Sinn! Eine Bestimmung! Aber all dies war nicht das was ich suchte, was ich brauchte. Ich brauchte etwas, was Ruhe in mein Leben bringen würde. Etwas, dass mein innerstes widerspiegeln würde.
Mein Sinn des Lebens
Mit 24 entdeckte ich die Fotografie und nur langsam, auf Umwegen, meine Liebe zur Natur und zum Outdoorleben. Hier konnte ich sein wie ich nun mal bin, ein Einzelgänger. Ich konnte die Ruhe geniessen, mit mir allein sein. Macgyver war nicht mehr in meinem Kopf. Andere Helden betraten die Bühne wie Art Wolfe oder Michael “Nick“ Nichols, Naturfotografen und Abenteurer. Erst nach einiger Zeit, als ich die Fotografie betrieb, kam auch das Reisen hinzu. Nichts aufregendes, nur ein paar Trips ins Nachbarland. Irgendwann fiel es mir wie Schuppen von den Augen, das ist es, die Kamera ist der Schlüssel, der Grund, der Sinn, meine Bedeutung. Die Fotografie gab mir die Bedeutung die ich brauchte um fremde Länder auf meine Art zu erkunden.
Ich übe die Fotografie nicht hauptberuflich aus, aber sobald meine Arbeit getan ist, gehört die Freizeit der Fotografie und den großen und kleinen Abenteuern. Die großen Helden der Leinwand, und auch mein persönlicher Held der Kindheit, Macgyver, waren Einzelgänger, einsame Helden die ihrer Bestimmung folgten und die Welt, oder die Stadt, retteten. Ich muss zugeben, ich war immer angetan von diesen Einzelkämpfer Mythos. Aber wie ist das, wenn man erwachsen wird? Das Leben und die Ansichten ändern sich, die Umstände ändern sich. Ich habe lange mein Leben alleine gelebt, viele meiner Reisen alleine unternommen und ich war glücklich damit. Ich bereue diesen Abschnitt meines Lebens nicht, der doch einen großen Teil davon einnimmt. Er machte mich zu dem Menschen der nun diese Zeilen hier schreibt. Ich habe kein Problem mit dem Alleinsein oder Stille. Aber ich bin nicht mehr alleine auf der Straße des Lebens unterwegs. Ich habe jemanden gefunden, der mich auf meinem Weg begleitet. Es ist schön, jemanden zu haben, der einem unterstützt und in dem was man tut bestärkt. Eine Person, mit der man die schönen Momente des Lebens teilen kann.
Aber, der einsame Wolf ist nicht ganz in mir verhungert. Er heult und jagt nach wie vor jeder Alleinzeit hinterher die er bekommen kann. Für mein Seelenheil brauche ich nach wie die Zeit für mich, das Gefühl von Abenteuer, ganz auf mich gestellt, ein einsamer Reisender in einem fremden Land. Der einsame Wolf, er ist ein Teil von mir und wird er immer sein. Das macht mich aus.
Man wächst seinen Helden aus der Kindheit irgendwann davon. Gott, ich habe Knight Rider verschlungen, keine Folge ausgelassen, aber jetzt, knapp 40 Jahre später ist es verdammt hart die 45 Minuten durchzuhalten. Aber so ist das Leben. Es läuft, und zwar immer weiter. Man wird Erwachsen. Man sollte sich aber doch ab und zu daran erinnern, was es war, was uns damals fasziniert hat, früher als Kind. Wovon hat man geträumt, was hatte man alles vor und wollte man noch in seinem Leben machen. Ich habe mein Leben ganz unbewusst in eine solche Richtung gelenkt und das Vehikel dafür war und ist die Fotografie. Mir war lange gar nicht bewusst, dass ich meinen Kindheitstraum realisiert habe, oder zumindest teilweise. Es ist mir auch jetzt noch nicht ganz bewusst, ich muss mich immer wieder daran erinnern in welch guter Situation ich mich befinde und das ich meinen Traum, oder einen von vielen, teilweise erfüllt habe.
Mit einem Kleinflugzeug zur Hallo Bay auf Katmai um Grizzly´s zu fotografieren, mit einem kleinen Boot in Island an riesigen Eisbergen vorbei, unterwegs mit Schlittenhunden in Finnland bis tief in die Nacht, campen im Hossa Nationalpark Finnland, 3 Wochen mit Zelt durch Alaska, 2-tägige Kanutour auf dem Yukon River.
Als Kinder träumen wir von vielen Dingen. Wieviel sind wir in der Lage davon zu realisieren? Wieviele Träume verfolgen wir um sie zu erfüllen und was sind wir bereit dafür zu tun? Macgyver half mir durch eine schwere Kindheit, er gab mir sowas wie Hoffnung und eine Zuflucht vor der Realität. Er gab mir eine mögliche Zukunft, eine Richtung und Möglichkeit wie ein Leben aussehen kann. Wie diese aussehen sollte, war mir damals nicht klar, erst in meinen Mittzwanzigern sollte ich begreifen, was in meinem Leben wirklich wichtig für mich war. Ich fand meinen Sinn, mein Ikigai. Ich sah die Möglichkeit, mithilfe der Fotografie meinen Traum zu realisieren. Ich brauche einen Grund. Einen Grund in den Wäldern herumzustreifen, auf einen Berg zu wandern oder in den hohen Norden zu reisen. Und später in der Pension, einen Grund aufzustehen.
Reisen nur um des Reisens willen? Nichts für mich! Die Zeit muss sinnvoll verbracht werden. Die Fotografie war dieser Grund, meine Ausrede um all diese Länder zu besuchen, um die nächste Wanderung auf den Berg zu unternehmen, eine weitere Nacht in einem Zelt zu verbringen. Solange diese Leidenschaft, der Geist vergangener Abenteurer in mir die Flamme am brennen hält, wird es mich hinaus in die Welt ziehen. Ob nun 1000e Kilometer von zuhause weg oder auch nur in die nächste Klamm.
Ikigai –(japanisch 生き甲斐 ‚Lebenssinn‘) ist frei übersetzt „das, wofür es sich zu leben lohnt“. Findet oder hat ein Mensch sein Ikigai, bewirkt es für ihn ein Gefühl der Lebensfreude und damit innere Zufriedenheit.
Nicht jeder Traum wird wahr
In unserem Leben haben wir viele Träume. Manche sind realistischer als andere. Kindheitsträume über unsere Berufswahl wie LKW Fahrer oder Arzt. Jugendträume wie Rennfahrer oder Abenteurer. Aber nicht jeder Traum ist dafür bestimmt, realisiert zu werden. Die Kunst ist, sich den Traum herauszupicken, der eine Chance hat umgesetzt zu werden. Bei mir geschah es unbewusst, ohne es zu merken. Es loderte tief in meinem Herzen.
Nun, Macgyver sehe ich mir auch heute noch gerne an, wenn auch nur ausgewählte Folgen. Aber wie im Leben, bin ich auch was Serien oder Filme angeht, erwachsen geworden. Filme wie – Das erstaunliche Leben des Walter Mitty, Picknick mit Bären, Toga oder Ruf der Wildnis – haben den Rang meiner vergangenen Helden abgerungen.
Welche Träume hattet ihr in eurer Kindheit? Welche Helden gab es in euren Leben? Hattet ihr die Möglichkeit, euch Träume zu erfüllen?