Ikigai – seinen Sinn im Leben finden
Ich habe nie an einen Sinn des Lebens geglaubt, mein Glaube war und ist, dass das Leben passiert. Es gibt keinen Sinn warum etwas passiert, es gibt Gründe und physikalische Abläufe aber keinen Sinn. Die Erde könnte frei von jeglicher Lebensform sein und sie würde genauso um die Sonne kreisen. Völlig egal. Sie könnte eine Wüste sein oder von Eis bedeckt, es würde keine Rolle spielen, für niemanden, ausser für einen – dem Menschen. Der emotionale, gefühlsbetonte, logisch denkende, Schönheit erkennende, neidische, glückliche, traurige und depressive Mensch. Für uns muss alles einen Sinn ergeben. Wir suchen teilweise ein ganzes Leben nach einen Sinn des Lebens. Aber ich habe nie daran geglaubt, dass alles immer einen Sinn ergeben muss. Warum sind wir hier? Weil gewisse Umstände und chemische Voraussetzungen einfach gepasst haben, dass wir Menschen oder Lebewesen entstanden.
Aber über die Jahrtausende, entwickelten wir uns zu denkenden und fühlenden Lebewesen. Wir agieren nicht mehr nach Instinkt, wir hinterfragen alles und suchen einen Sinn warum gewisse Dinge passieren. Zumindest manchmal.
Für mich dauerte die Reise über 40 Jahre, bevor ich eine Antwort auf diese Frage erhielt. Ich fand sie im japanischen Ikigai. Es ist nicht der Sinn des Lebens, es ist der Sinn des eigenen Lebens. Viktor Frankl sagte über den Sinn des Lebens – “Wir fragen, was ist der Sinn des Lebens? Aber tatsächlich stellt uns das Leben diese Frage“. Einen Sinn kreieren wir durch unser Handeln, unseren Entscheidungen und Denken. Jeder muss für sich selbst das finden, was für ihn Sinn ergibt, dass ihn ausfüllt und was ihm glücklich macht. Ob das nun das sammeln von Briefmarken ist oder das Bilder machen von Landschaften. Es muss für DICH einen Sinn ergeben. Egal warum der Mensch da ist, warum sich die Erde um die Sonne dreht. Was macht dich glücklich!
Mach es für Dich!
Betreibe die Fotografie wegen der Fotografie! Stell dir diese folgenden Fragen. Würdest du noch fotografieren, auch wenn nie jemand deine Bilder zu sehen bekommen würde? Bist du am Endprodukt, also dem fertigen Bild interessiert, oder am Prozess? Vom geschäftlichen her gesehen, bist du nur am Geld als Endprodukt interessiert, oder liebst du alles was damit zusammenhängt?
Ich habe mir diese Fragen schon des öfteren gestellt und je länger ich die Fotografie betreibe, desto schwieriger wird die Antwort darauf. Ich habe rund um meine Fotografie ein kleines Geschäft aufgebaut. Ich bin teilweise darauf angewiesen, dass andere meine Fotos, Blogartikel und Videos sehen und offen gesagt, ist dies manchmal frustrierend. Frustrierend aus Sicht der Zeit und frustrierend aus Sicht der kreativen Handlung. Man ist oft angehalten genau dann kreativ zu sein, wenn man sich vielleicht gar nicht danach fühlt. Früher gab es Zeiten, da hab ich die Kamera oft Monate nicht angefasst, erst als ich mich wieder wirklich danach gesehnt habe, mich kreativ genug gefühlt habe. Heute habe ich ein schlechtes Gewissen wenn ich mal eine Woche kein Video hochlade oder einen Monat keinen Blogartikel veröffentliche. Ja, die Fotografie ist manchmal frustrierend!
Ich habe mir deswegen vorgenommen, Zeiten vorzusehen, wo ich nur mit der Kamera losziehe, ohne Videokamera und ohne einen Blogartikel im Hinterkopf zu haben. Nicht, dass daraus im Anschluss was entstehen kann, ich lasse mir diese Option natürlich offen wenn ich mich inspiriert und kreativ genug dafür fühle, aber der reine Prozess von Bilder machen geschieht ohne Hintergedanken, nur ich, die Kamera und die Natur.
Zugegeben, es ist schon wieder eine Weile her, das ich dies praktiziert habe.
Bleib dir treu!
Das Gefühl, etwas zu verpassen oder zu spät dran zu sein. FOMO – Fear Of Missing Out!
Dieses Gefühl ist in den letzten Jahren immer stärker geworden bei den Menschen und Schuld daran ist Social Media. Auch ich habe ab und zu dieses Gefühl wenn ich Fotografen sehe, die Bilder von weit entfernten Gebieten posten. Vorzugsweise aus dem hohen Norden. Am liebsten würde ich die Koffer packen und nach Kanada fliegen. Speziell die letzten drei Jahre waren hier besonders schwierig.
Aber nicht nur das Gefühl etwas zu verpassen, beeinflusst unsere Kreativität, auch zu glauben, wir müssen etwas anderes fotografieren oder unsere Bilder anders bearbeiten. Wir sehen auf Facebook oder Instagram, welche Bilder die meisten Likes bekommen und glauben, wir müssen ebenfalls in diese Richtung marschieren aus Angst in der Masse unterzugehen. Wenn man sich aber vor Augen führt, dass alle Social Media Plattformen nach Algorithmen arbeiten und funktionieren und die schiere Größe und Anzahl von Bildern bedenkt, dann kommt man sehr bald darauf, dass es andere Dinge gibt, die eine höhere Reichweite beeinflussen als populäre Bilder nachzumachen.
Sich anzupassen und sich zu verraten ist hier definitiv die falsche Entscheidung. Je nachdem, was du auf Social Media beabsichtigst, einfach nur deine Bilder zu zeigen, oder diese Plattformen als Marketingwerkzeug zu nutzen. Ist es Teil deiner Strategie um deine Bilder oder Kunst zu bewerben, sollte auch hier das oberste Gebot sein, dich nicht zu verbiegen oder sich zu sehr anzupassen. Mach weiter was du gerne tust, für alles gibt es jemanden, der dies gerne sieht. Erst kürzlich hat mir meine Freundin auf Facebook David B. Bird gezeigt, der aus kleinen Ästen, Eicheln und Federn kleine Figuren macht, er nennt sie Becorns. Er positioniert sie in der Natur, stellt die Kamera auf und wartet, bis Wildtiere, Eichhörnchen und Vögel, sich nähern und Körner und Nüsse, die er auf den Figuren platziert, fressen. Die Bilder sind einfach genial.
Wenn es schon sein muss, versuche nicht die große Masse zu erreichen, die ein Like im vorbeigehen hergeben und auch nur, um ihren eigenen Account zu pushen indem sie mit vielen anderen interagieren. Versuche, eine Kerngemeinschaft aufzubauen die dir treu ist und das mag, was DU machst.
Kleiner Tipp am Rande! Heutzutage ist die Geschichte fast wichtiger als das Endprodukt selbst. Nimm deine Follower mit auf eine Reise, zeige wie was entsteht, lass sie daran teilhaben. Ein schönes Bild von einem Berg ist das Endprodukt, wird sich alleine aber wahrscheinlich untergehen. Zeige im voraus was nötig war, um dieses Bild zu bekommen. Der Aufstieg, das Warten und ja, warum auch nicht die Bearbeitung des Bildes. Das Bild zusammen mit der Geschichte bleibt bei den Menschen hängen. Deswegen liebe ich YouTube. Ein gut gemachtes Video, dass den ganzen Prozess zeigt wie das Bild entstand, ist für mich mehr wert als das Bild alleine. Um einen Schritt weiterzugehen, die Geschichte ist fast noch mehr Wert als das Bild selbst.
Eines ist klar – Dinge gehen schief
Wer meine Videos auf YouTube kennt, der weiss auch, dass ich mich oft wegen dem Licht beschwere. Hier sei gesagt, Dinge gehen nun mal auch schief.
Als Naturfotografen sind wir nun mal abhängig vom Wetter und was uns die Natur bietet. Ich, so wie wohl viele die das hier lesen, betreiben die Fotografie überwiegend an den Wochenenden. Man arbeitet von Montag bis Freitag, von morgens bis abends. Man hat das tollste Wetter, man kommt am Freitag heim, bereitet alles für das Wochenende vor und wenn man am Samstag mit gepackten Fotorucksack loszieht, genau, Regenwetter. Wo ist das herrliche Licht hin, dass sich die ganze Woche so schön präsentierte?
Das man dann etwas angepisst ist, ist klar. Dies ist nur menschlich. Aber, es gehört nunmal dazu, Dinge gehen nunmal schief. Die Frage ist nur, wie man damit umgeht. Es war für mich früher immer schwierig sowas zu akzeptieren wenn Mutter Natur es mir nicht leicht machte, ich fluchte und ich trauerte der Zeit nach, die ich unter der Woche verpasste. Mittlerweile habe ich hier mächtig dazu gelernt. Mir wurde bewusst, warum ich das eigentlich mache. Aus welchen Beweggründen. Der erste Grund, ich mag es schöne Bilder zu machen und zu haben. Deswegen fotografiere ich. Aber es ist nicht nur das Endprodukt. Über die Jahre merkte ich, dass Bilder, die einfach zu bekommen waren, zwar schön sind, aber sie hatten keine Geschichte, keine Seele. Ein jedes Bild, dass es mir schwer gemacht hat zu bekommen, war ein wahres Juwel in meinem Portfolio. Es war mehr wert, als die Bilder die ich im vorbeigehen machte, wo alles passte.
Der Anstieg war mühsam, anstrengender als erwartet? Man war länger unterwegs, der Regen peitschte dir ins Gesicht? Du musstest abbrechen und ein anderes Mal wiederkommen? Es sind diese Geschichten, diese Dinge die schief gelaufen sind, dass den Wert eines Bildes steigen lässt.
Und auch wenn alles schief läuft und man mit leeren Händen zurückkehrt, es war trotzdem ein fantastischer Tag draussen in der Natur. Man gab sein Bestes, versuchte alles um ein interessantes Bild zu bekommen. Ich habe gelernt, auch solche Tage zu schätzen und sie nicht als vertane Zeit abzustempeln. Sicher jammere ich in meinen Videos über das Licht, oder dass sich ein Wolke vor mein Motiv schob, warum auch nicht. Es ist doch sch….blöd. Aber ich geniesse jede Minute meiner Jammerei weil es dazu gehört. Es zeigt mir, dass die Leidenschaft noch vorhanden ist und ich sehr wohl noch an einen guten Ergebnis interessiert bin. Scheitern ist kein Misserfolg, sondern eine weitere Möglichkeit zu lernen, etwas über sich selbst zu lernen oder über die Fotografie. Vielleicht lernt man das Wetter besser einzuschätzen oder wie man selber geduldiger (ja genau) wird.
Nimm die Fotografie nicht zu ernst
Dies ist etwas, an dem auch ich etwas arbeiten sollte. Die Fotografie und sich selbst nicht zu ernst nehmen. Es ist nur Bilder machen!
Naja, so einfach ist es nun auch wieder nicht. Was für den einen eine nichts-sagende Tätigkeit, eine Zeitverschwendung ist, ist für den anderen das Leben. Jeder hat, oder sollte etwas im Leben haben, was ihm wichtig ist, wofür seine Leidenschaft brennt und nur ihm gehört. Etwas wobei er sich glücklich fühlt und den Alltag vergessen kann, eine Zuflucht.
Das Hobby! Es ist die Tätigkeit, die man nach der Arbeit macht, an Wochenenden oder im Urlaub. Mit Familie, Freunden oder auch Alleine. Man hat sein Ikigai. Natürlich nimmt man dies ernst und sollte es auch. Auch wenn es für andere Menschen nichts bedeutet. Jeder hat so seinen Sinn des Lebens.
Es kann aber sehr schnell umschlagen wo unser Sinn des Lebens abhanden kommt und es sich mehr nach Arbeit und einer Bürde anfühlt als nach Leidenschaft. Ich glaube, dies ist speziell bei kreativen Tätigkeiten wie Fotografie, Malerei oder anderen künstlerisch beeinflussten Dingen. Ich unternehme viel für meine Fotografie. Ich gebe oft viel Geld dafür aus auf meinen Reisen. Meine Urlaube schauen für andere eher nach Arbeit aus, ich marschiere um 4:00 Uhr früh auf einen Berg, zelte oder schlafe bei Minusgraden im Bus. Alles Dinge die sich nicht gerade nach Spaß anhören – für Andere! Aber für mich ist es die Erfüllung wenn ich alles gebe, mich aus meiner Komfortzone bewege und großartiges schaffe, sei es nun ein Bild oder ein Video.
Aber da gibt es eine Grenze, eine sehr dünne Grenze. Überschreitet man diese, kann sich Frustration einstellen und zwar wenn sich das Ganze plötzlich als Muss entpuppt, als wirkliche Arbeit. Ich muss ein Video machen, ich muss das Video schneiden, ich muss diesen Artikel schreiben. Es kommt nicht mehr von Herzen, aus der Seele, es kommt vom Gehirn und dann ist es Arbeit, richtige Arbeit. Man wird frustriert weil man vielleicht keine Zeit mehr hat, man hat andere Dinge im Leben um die man sich gerade kümmern muss (wie ein undichter Wasserboiler 🤦🏼♂️) und die kreative Zeit kommt dabei etwas zu kurz. Man bekommt ein schlechtes Gewissen gegenüber sich selbst und seiner Fotografie und dies frustriert einem noch mehr.
Warum passiert das? Weil man sein Hobby, seine Leidenschaft zu ernst genommen hat und dachte, es ist ein Muss. Ich MUSS! Man muss gar nichts. Sicher, hat man begonnen sein Hobby zum Nebenberuf auszubauen so wie ich, dann hat man natürlich gewisse Verpflichtungen und Aufgaben die erledigt werden müssen, wie die Buchhaltung zum Beispiel.
Was ich noch nicht so recht gelernt habe, ist, wenn alles anfängt zu nerven und stressig zu werden, dass ich den Stecker ziehe und rechts ranfahre. Jedesmal, wenn ich mir eine kurze Auszeit gönne, meistens unter Zwang, habe ich ein schlechtes Gewissen. Ein schlechtes Gewissen weil ich die Zeit nicht nutze und fotografiere, schreibe oder ein Video mache. Ich habe es noch nicht ganz geschafft, mit gutem Gewissen mal ein, zwei oder (OH, Gott, das ist …) drei Wochen mal die Kamera nicht in die Hand zu nehmen, den Laptop nur zum Internet surfen zu nutzen und Youtube zu konsumieren.
Was soll schon passieren, wenn ich die Fotografie mal nicht so ernst nehme?
Die Leute vergessen mich, ich vergesse wie man eine Kamera bedient, YouTube schmeisst mich raus, die Welt geht in Flammen auf …. Stopp!
Nichts wird passieren! Es ist nur Bilder machen. In meinem Fall werde ich nervös, wenn es mal eine Woche kein Video von mir zu sehen gibt und das hat auch einen Grund. Leider. YouTube lässt dich fallen wenn du aus der Reihe tanzt und deinen gewohnten Rhythmus verlässt.
Man muss sich fragen – Warum mache ich das? Für wen mache ich das?
Vom geschäftlichen Standpunkt aus gesehen
Dieses Kapitel halte ich eher kurz, aber ich denke, auch dieser Punkt gehört ein wenig beleuchtet.
Vielleicht liest dies auch ein Fotograf, der mit Fotografie Geld verdient und mag mit dem oben beschriebenen nicht ganz so übereinstimmen. Und da hätte er auch recht damit. Verdient man mit seiner Fotografie Geld, ob mit den Bildern, Workshops oder was auch immer, so kommen hier ein paar Faktoren zu tragen, die man nicht ganz ignorieren kann.
Der sehr bekannte Spruch – mach deine Leidenschaft zum Beruf und du wirst keinen einzigen Tag in deinem Leben mehr arbeiten – hat schon seine Berechtigung, aber egal welches Hobby du ausübst, wie sehr du jeden Aspekt davon liebst und es mit Liebe lebst, sobald der Faktor “Geld verdienen“ hinzukommt, hast du ein paar Dinge mit im Schlepptau, die sich nunmal nach Arbeit anfühlen. Der Punkt ist, wie du auf diese Dinge reagierst, welche Einstellung oder Meinung du dazu hast. Akzeptierst du auch die lästigen Sachen, die das Geld verdienen mit sich bringen, dann arbeitest du keinen einzigen Tag mehr.
Ich habe akzeptiert, dass ich auf YouTube regelmäßig Videos hochladen muss, um von YouTube nicht in die Versenkung verbannt zu werden, so ist das Spiel und ich habe entschieden es zu spielen. Ich habe akzeptiert Emails zu beantworten, die Buchhaltung zu erledigen, sich mit Anfragen jeglicher Art herumzuschlagen und von Ausrüstung zu träumen, die ich mir nicht leisten kann. Es nimmt manchmal etwas die Leidenschaft heraus und es fühlt sich dann tatsächlich nach richtiger Arbeit an, aber ich habe akzeptiert, dass dies dazugehört und ich kann damit leben. Wird es zu viel, brauche ich eine kreative Pause, dann kann es schon sein, dass ich für zwei oder mehr Wochen kein Video hochlade. Am Ende kommt es immer nur darauf an, wie du deinen Alltag managet.
Für die lästigen Angelegenheiten habe ich mir kleine Rituale zurechtgelegt. Für die Buchhaltung zum Beispiel. Diese erledige ich normal an einem Samstag morgen. Ich stehe um 5:00 Uhr auf und bevor ich anfange, mit den gehassten Zahlen herumzuspielen, mache ich mir Frühstück, eine große Kanne handgebrühten Kaffee, Nutellabrot und ein entspannendes Video auf YouTube dazu. Ich geniesse den Morgen und die Campinggeräusche meiner japanischen Camperfreunde. Erst danach setze ich mich mit einer Tasse Kaffee zur Buchhaltung.
Solange man sich damit arrangiert, es akzeptiert und ganz wichtig, nicht darüber jammert, dann sind auch die unangenehmen Dinge, die das “Geld verdienen“ mit der Fotografie angeht, annehmbar. Nichts im Leben kommt ohne Schattenseite.
Wo Licht da auch Schatten. Das sollten wir als Fotografen wissen.