Druck und Stress in der Fotografie
Als Naturfotograf unterliegt man einem gewissen Druck, oder besser Drücken. Die meisten davon sind hausgemacht.
Der Druck das gute Licht zu nutzen, Motive zu finden, mit einem guten Bild nachhause zu kommen, der Druck jede Woche ein Video zu veröffentlichen.
Es gibt vieles, dass wir uns selbst auferlegen und vieles ist einfach notwendig, um unser Hobby, unsere Leidenschaft erst interessant und sinnvoll zu gestalten. Was wäre eine sportliche Veranstaltung ohne den Druck der Beste sein zu wollen, ohne dem Willen zu gewinnen? Was wäre die Fotografie ohne dem Druck, gute Bilder machen zu wollen und gute Bedingungen zu nutzen? Eben, genau dieser Leistungsdruck macht es erst lohnenswert, gibt dem Ganzen einen Sinn. Natürlich, so wie überall im Leben, kann man es auch hier übertreiben wo der selbstauferlegte Druck zu groß wird und beginnt einem zu zerstören.
Nicht der erste und nicht der letzte Tag
Bin ich nicht fotografisch unterwegs oder in der Arbeit und es herrscht ein traumhaftes Licht, meistens morgens, wenn ich mit meiner regulären Arbeit beginne, könnte ich ins Lenkrad beissen. Ich fluche und verdamme diesen Tag, anstatt ich ihn genieße und mir sage – das ist nicht der erste Tag mit traumhaften Licht und es wird nicht der letzte sein. Einfach das genießen, was man gerade hat oder macht, ohne daran zu denken, was man jetzt lieber machen möchte. Und wenn jemand weiss, wie man das erfolgreich umsetzt, bitte bei mir melden.
Auf der anderen Seite aber, so fair muss man sein, zeigt es einem doch auf sehr eindrucksvoller Weise, dass die Leidenschaft immer noch brennt. Das immer noch was da ist, dass unser Hobby befeuert während wir einen halben Herzinfarkt bekommen, sollte sich der Himmel in ein Meer aus feuerroten Wolken verwandeln und wir in der Firma stehen und mit deprimierter Miene aus dem Fenster blicken.
Der Weg ist das Ziel
Ich habe schon des öfteren darüber geschrieben, dass der Prozess eigentlich wichtiger ist, oder wichtiger sein sollte, als das Ergebnis selbst. Denn nur wenn man den Weg genießt, kann man auch das Ergebnis genießen und wertschätzen. Mit offenen Augen durch die Natur wandern, sich völlig dem öffnen was vor einem liegt. Die Landschaft studieren, das Licht beobachten ohne sich zu sehr auf das Ergebnis zu konzentrieren.
“Konzentration engt deinen Fokus ein, spannt dich an, sorgt für Stress und blendet alles aus, was nicht mit dem Objekt deiner Betrachtung zu tun hat.“ – Marius Zerbst, Der Schattenwolf in dir
Bewusst die Kamera aus dem Rucksack nehmen, das Stativ aufbauen, fast schon meditativ, die Kamera auf das Stativ montieren, Filter auf das Objektiv schrauben, den Bildausschnitt wählen und jede Einstellung an der Kamera mit voller Konzentration und bewusst wählen. So sollte man sein Hobby ausleben und auch nur so kann man abschalten und entspannen und die Probleme für eine kurze Zeit zu den Akten legen.
Natürlich ist dies nicht immer möglich, gerade bei sich schnell wechselnden Bedingungen hat man nicht die Zeit sich so auf seine Tätigkeit zu konzentrieren, hier muss man schnell sein. Und genau aus diesem Grund liebe ich neutrales Licht. Nicht förderlich um atemberaubende Bilder zu kreieren, aber perfekt um sich die Zeit zu nehmen, die man braucht um voll und ganz in den Moment einzutauchen. Jeden Handgriff zu genießen.
Nicht das man mich hier falsch versteht, ich genieße genauso einen rot orange glühenden Himmel über einem sagenhaften Gebirge, die Euphorie die durch einem strömt, das Glücksgefühl wenn man ein Bild auf der Speicherkarte hat, dass das Zeug dazu hat, im Portfolio aufgenommen zu werden. Ich könnte nicht genug davon bekommen. Aber es bedeutet auch Stress, Angst das Licht könnte verschwinden. Aber am zufriedensten mit mir selbst, am entspanntesten bin ich bei Situationen, wo ich mir Zeit lassen kann.
Der Druck Motive zu finden
Ich muss sagen, es ist schon besser geworden. Ich bin nicht mehr ganz so sauer, wenn ich ohne Bild nachhause komme. Ich beneide oft die anderen, also die nicht Fotografen, sie gehen raus und genießen einfach die Natur oder die Wanderung, egal ob die Sonne scheint, der Himmel wolkenlos ist oder ob es regnet.
Ein Fotograf wirft einen sorgenvollen Blick Richtung Himmel, sollte sich dort kein Fitzelchen von einer Wolke befinden. Da ist der Tag schon im Eimer. Und befinden sich mal Wolken am Himmel, dann sind es zu viele, oder in der falschen Höhe, oder auf der falschen Seite. Nebel! Nebel ist gut, aber nicht zu viel, zu wenig sollte es auch nicht sein.
Fotografen können sich das Leben schon schwer machen und unnötigen Druck erzeugen. Dank meiner Freundin habe ich gelernt, naja, ich versuche zu lernen, auch einen (ich glaubs nicht, dass ich das schreibe) wolkenlosen Himmel zu genießen (krieg keine Luft!!)
Aber man muss zugeben, es ist entspannter. Verdammt man nicht den Tag, weil man nichts zum fotografieren gefunden hat, endet der Tag wesentlich angenehmer und mit schönen Erinnerungen.
Es ist schon klar, man ist Fotograf, beruflich oder als Hobby, und dieses Hobby hat ja den Zweck oder Sinn, Bilder zu machen. Und es sollen ja nicht mittelmäßige bis schlechte Bilder dabei rauskommen denn sonst würde man ja die teure 16 Kilogramm schwere Ausrüstung umsonst herumschleppen. Man will ja die besten Bedingungen, einen atemberaubenden Sonnenuntergang, eine hervorragende Nebelstimmung im Wald um eben ein tolles Bild zu bekommen. Es ist ja auch die Jagd, die diese Leidenschaft befeuert und motiviert, immer wieder rauszugehen und es erneut zu probieren. Das was man aber lernen sollte, ist, wenn es nicht passen sollte, die Bedingungen eben einmal nicht so sein sollten, dass man es hinnimmt und es genauso genießt in der Natur unterwegs zu sein. Dies hat viel mit Erwartungen und Hoffnungen zu tun. Erwartet man zu viel, ist man schnell enttäuscht.
Wie oft bin ich schon bei hervorragenden Bedingungen losgezogen, wo der Himmel mit perfekten Wolken gespickt und die richtige Menge an Sonnenlicht vorhanden war, nur um dann mit anzusehen, wie sich das Licht immer mehr verschlechterte je näher es dem Sonnenuntergang zuging. Hab ich mir zu viel erwartet? Auf jeden Fall!
Sieh es als Übung
Sollten die Bedingungen mal nicht passen, und das passiert öfters als man denkt, sollte man sich nicht ärgern (ich versuche es immer wieder), sondern sein Denken dahingehend ändern, dass man es als Übung ansieht oder um die Zeit zu nutzen, neue Plätze und neue Motive zu finden. Bildausschnitte zu erarbeiten und zu einer besseren Zeit zurückzukommen. Man kann sich eine Art geistige, oder auch schriftliche, Bibliothek aufbauen mit Plätzen und Motiven, die man abruft wenn das Wetter und das Licht passen.
Ich habe auf meinem Smartphone eine lange Liste mit Ideen und Plätzen die ich einmal gerne fotografieren oder besuchen möchte, wenn die Bedingungen für das jeweilige Motiv vielversprechend sind.
Ist man Vollzeit Berufstätig und ist man zu einem Wochenendkrieger verdammt, so wie auch ich, kann es natürlich schon mal schwierig werden, denn die Erfahrung zeigt, das beste Licht herrscht immer während der Arbeitszeit.
Mein Tipp! Erkunden sie ihre nähere Umgebung, finden sie interessante Plätze und notieren sie sich diese. Platzieren sie diese Orte ganz oben auf ihrer Liste. Wann ist das beste Licht zum fotografieren? Richtig, morgens und abends. Gerade im Sommer hat man auch abends nach der Arbeit Zeit um raus zu gehen und das Licht zu nutzen. Ich habe eine kleine Anzahl an Plätzen die ich aufsuche, sollte sich am Abend ein Gewitter zusammenbrauen wo ich hinfahren kann, um die herrliche Stimmung am Himmel einzufangen.
Aber auch andere Orte wie Wälder oder Flüsse die unter bestimmten Bedingungen interessanter wirken.
Nutze die fotografisch unproduktive Zeit um dir eine persönliche Liste mit interessanten Plätzen zu erstellen, übe dich in der Bildkomposition, lerne neue Techniken wie HDR, Panorama oder Fokus Stacking. Es muss nicht immer ein atemberaubendes Bild mit nachhause kommen, manchmal reicht auch schon neues Wissen.
Der Druck von YouTube
Seit ich YouTube ernsthaft betreibe und regelmäßig Videos hochlade, jede Woche eines, hat sich meine Art zu fotografieren geändert. Meine Herangehensweise, meine Art Fotografie zu genießen.
Früher konzentrierte ich mich ausschließlich auf die Fotografie. Zuhause angekommen bearbeitete ich die Bilder und schrieb einen Blogartikel dazu. Seit YouTube kam einiges an Mehrarbeit hinzu. Neben der Suche nach Motiven überlegt man auch ständig wie man die Geschichte präsentieren kann. Welche Szenen könnten interessant sein für das Video, wie filme ich mich, was zeige ich her? Eine Balance finden zwischen B-Roll und wichtigen Sequenzen (Bilderklärungen).
Es erzeugt etwas zusätzlichen Stress und Druck und man sollte sich besser einen Workflow angewöhnen, um etwas von diesem Stress zu entfernen. Wie schon erwähnt, wer weiss wie das geht, bitte melden.
Die Fotografie, wie ich sie vor 10 Jahren betrieben habe, hat sich völlig geändert. Wenn ich jetzt ohne Videokamera unterwegs bin und habe ein Wahnsinns Motiv vor der Kamera, ein Bild des Jahrhunderts, könnte ich mich in den Hintern beissen, dass ich die Videokamera zuhause gelassen habe und ich es nicht filmen kann, um eine gute Geschichte erzählen zu können, um euch daran Teil haben zu lassen.
Dies hört sich vielleicht etwas zerstörerisch an, oder dekonstruktiv, aber ich möchte es nicht mehr anders haben wollen. Video und Fotografie sind bei mir zu einer Einheit verschmolzen. Das eine kommt ohne dem anderen fast nicht mehr aus. Das Einzige, mit dem ich strauchle, ist der vorhin erwähnte Workflow. Ich habe, nach all den Jahren auf YouTube, noch keinen Weg gefunden, hier einen optimierten Prozess zu entwickeln um etwas entspannter an die Sache heran gehen zu können.
Aber ich habe gelernt, mir etwas Druck aus der Sache zu nehmen. Für viele YouTuber gilt, kein gutes Bild, kein Video. Diese Devise vertrat auch ich für eine lange Zeit. Dies hat sich geändert.
Was sollen meine Videos sein? Sie sollen unterhalten, eine Geschichte erzählen und das Leben eines Fotografen zeigen. Es steht nirgends geschrieben, dass man nicht auch Fehlschläge zeigen darf. Erst Fehlschläge machen eine Geschichte interessant, dass straucheln bei der Suche nach Motiven, das Ausharren und warten auf gutes Licht. All das macht eine gute Geschichte aus und macht es glaubwürdig.
Somit zeigen meine Videos das Leben eines Fotografen, der einen Vollzeit Job nachgeht und in seiner Freizeit fotografiert und Videos kreiert. Der oft mit schlechten Bedingungen zu kämpfen hat und auch ohne gute Bilder nachhause kommt.
Wieviel Druck auferlegst du dir bei deinen Streifzügen mit der Kamera? Ist es dir wichtig, jedesmal mit einem guten bild nachhause zu kommen?